Eine majestätische Felskanzel mit senkrecht abfallenden Felswänden. 600 m hoch über dem Lysefjord mit gigantischer Aussicht und nichts was einen aufhalten würde, sollte man einen Schritt zu weit machen.
So in etwa hatte ich mir die Preikestolen in Norwegen vorgestellt.
So waren sie auch. Schier unglaublich, dass die Natur hier oberhalb des Lysefjords ein fast quadratisches 25 x 25 m Felsplateau erschaffen hat mit glatter Oberfläche. 600 m steile, nahezu kerzengerade Wände. Fast könnte man meinen jemand hätte hier ein gigantisches Stück Fels herausgeschnitten oder freigeschnitzt. Dort oben zu stehen, den Wind zu spüren war ein ergreifendes Gefühl, aber auch ein spannendes, denn schließlich wollten wir bloß keinen falschen Schritt machen.
Mit unseren Gedanken, Gefühlen waren wir leider nicht allein. Schon wurden wir freundlich aber auch unmissverständlich gebeten zur Seite zu treten. Schließlich hatten wir unser Foto gemacht. Andere wollten ja auch noch. Machten wir drei Schritte nach rechts, standen wir schon wieder jemandem im Weg, waren auf irgendjemanden seinem Foto drauf. Wahnsinn, wie viele Leute sich auf dieser Fläche dicht gedrängt aneinander vorbei bewegten.
So sehr wir uns auf die Preikestolen gefreut hatten … Wir dem Erleben dieser Naturplattform entgegen gefiebert hatten … So ernüchtert waren wir jetzt. Nicht wegen den Preikestolen selbst – ohne Frage eine Natursensation – sondern vielmehr wegen uns und unseres gleichen: den Touristen. Es war einfach viel zu überfüllt, so dass wir uns nicht wohlfühlten und es auch nicht genießen konnten 600 m oberhalb des Lysefjord zu stehen.
Wir hätten es schon wissen müssen, als wir unser Auto neben zahlreichen anderen abstellten.
Als wir wenig später vom Berg auf einen tiefer liegenden Parkplatz blicken konnten und unzählige Reisebusse erblickten hätten wir umkehren können. Als wir uns in die Schlange der Touristen, welche eine Ameisenstraße zu den Preikestolen ins Leben gerufen hatte, einreihten hätten wir noch immer umdrehen können. Aber wir trotteten mit. Auch das 3 malige Landen eines Rettungshubschraubers (forderten Flip Flops bzw. Ballerinas erste Opfer?) änderte unsere Gedanken nicht.
Eine Umkehr kam für uns nicht in Frage und nun können wir sagen: die Majestätische Sehenswürdigkeit haben wir erlebt, aber in totalem Unwohlsein aufgrund der Menschenmassen. Unsere Wanderung zur Trolltunga hat uns 1000x besser gefallen!
Wer die Preikestolen egoistisch erleben und genießen, in Ruhe für sich oben thronen möchte, der sollte wohl besser frühmorgens oder spätabends zu den Preikestolen aufbrechen oder noch besser nicht die touristische Hauptreisezeit wählen. Vielleicht im Frühling/Herbst eine kleine Wanderung wagen und dann oben auf der Felskanzel stehen, ohne hunderte Leute um sich herum, dafür vielleicht mit etwas Schnee.
3 Responses
Mathias
hartes Brot: soweit gekommen um sich dann leider von lauter Menschen umgeben daran erfreuen zu müssen!
Wie ist das – kann man sich dort bis zum Sonnenuntergang aufhalten, ohne dass man Leib & Leben beim Abstieg in zunehmender Dunkelheit riskiert?
Thomas
Wenn du eine Stirnlampe dabei hast sehe ich da kein Problem. Aber völlig ohne Licht runter wandern …
Detlef
Alternativ haben wir eine sehr schöne Wanderung auf der anderen Seite des Lysefjord, genau gegenüber des Preikestolen gemacht. Uns hatten die Menschenmassen schon auf dem Parkplatz abgeschreckt, die Preise ebenfalls. Auf unserer Wanderung haben wir genau 4 Menschen getroffen! Und die Aussicht ist auf der anderen Seite ebenfalls spektakulär.
Nicht immer einfach hinterlaufen… ;-)